Betriebs- und Infrastrukturkonzept S-Bahn München 2030
Die Metropolregion München ist die wirtschaftlich am stärksten prosperierende Region Deutschlands. Eine ausreichende ÖPNV-Infrastruktur ist nicht nur im Hinblick auf die Ökologie, sondern auch auf die weitere ökonomische Entwicklung eine absolute Notwendigkeit; nach der Qualifikation der Mitarbeiter ist eine ausreichende ÖPNV-Infrastruktur das zweitwichtigste Kriterium der Wirtschaft für die Standortwahl. Das vorliegende Gutachten „S-Bahn München 2030“ beeinhaltet nicht nur eine Bestandsanalyse des derzeitigen S-Bahn-Systems, sondern analysiert auch dessen Schwachstellen im Hinblick auf eisenbahnbetriebliche und infrastruktureller Defizite. Anhand der prognostizierten Bevölkerungsentwicklung und der für die nachhaltige Mobilität erforderliche Verschiebung des Modal-Splits vom MIV zugunsten des ÖPNV wurde das im Jahr 2030 zu fahrende Fahrplanangebot ermittelt, um die ökologischen und ökonomischen Zielsetzungen im Jahr 2030 erreichen zu können.
Planungsphilosophie
Strategie „Organisation vor Elektronik vor Beton“
Diese schlägt aus Effizienzgründen zuerst organisatorische Maßnahmen vor (Zugabfertigung, Zuglängen, Zugdisposition, Wagenumlaufplan). Falls diese Maßnahmen nicht ausreichen, werden anschließend elektronische Lösungen (Verbesserung der Leit- und Sicherungstechnik) geprüft und erst dann, falls erforderlich, als letzes Mittel kostenintensive Bauprojekte (neue Gleise auf Brücken oder in Tunnels).
Schwächen des derzeitigen Systems
Ca. 90% der Störungen im derzeitigen System entstehen durch Störungen auf den Außenästen (umgestürzte Bäume, Unwetter, Signalstörungen, vom Fern-, Güter- und Regionalverkehr ins Netz hereingetragene Verspätungen, Verspätungen des Gegenverkehrs). Lediglich ca. 10% aller Störungen werden durch interne oder externe Einflüsse auf der Stammstrecke verursacht.
Die Netzstruktur bedingt, dass – anders als in Hamburg, wo das S-Bahn-System über zwei verschiedene Stammstrecken verfügt, die im Abstand von ca. 2 km verlaufen – die Fahrgäste gezwungen werden, ihre Ziele durch Umwegfahrten über Hauptbahnhof oder Marienplatz zu erreichen, woraus eine asymmetrische Belastung des U-Bahn-Netzes resultiert.
Ein zweiter S-Bahn-Tieftunnel, der ebenfalls über den Hauptbahnhof und den Marienhof geführt würde, würde die asymmetrische Auslastung des U-Bahn-Netzes noch deutlich verschärfen; die heute bereits an der Kapazitätsgrenze belasteten U-Bahnlinien Hauptbahnhof – Scheidplatz sowie Marienplatz – Münchner Freiheit, die im rechten Winkel zum geplanten S-Bahn-Tieftunnel verlaufen, würden noch weiter belastet, aber die parallel verlaufende U4/U5, die über noch deutliche Kapazitätsreserven verfügt, entlastet.
Zielkonzept
- Integraler Taktfahrplan mit dezentralem Anschlusssystem
- einheitliche Taktminuten für alle S-Bahn-Stationen im Gesamtnetz
- 10-Minuten-Takt auf allen Linien im stadtnahen Bereich nach dem Vorbild der S-Bahn Hamburg
- mindestens alle 20 Minuten von allen Stationen der bestehenden S-Bahn-Stammstrecke umsteigefrei zu allen S-Bahn-Stationen im gesamten Gesamtnetz
- Korrespondenz in Pasing, Laim, Heimeranplatz und Leuchtenbergring mit bahnsteiggleichem Umsteigen (analog zu Scheidplatz U2/U3 und Innsbrucker Ring U2/U5)
- Verdoppelung der Fahrgastzahlen im S-Bahn-Gesamtnetz von etwa 840.000 auf gut 1,5 Millionen werktäglich
- Verdoppelung des S-Bahn-Zugangebots von heute 20,3 Millionen Zugkilometer auf künftig 37 Millionen Zugkilometer jährlich
- gleichmäßigere Verteilung der Fahrgastströme im U-Bahn-Netz durch die Realisierung des S-Bahn-Südrings (nach dem Vorbild der S-Bahn Hamburg)
Fahrplankonzept
Im Fahrplan- und Betriebskonzept werden nicht nur alle Linienführungen festgelegt, sondern auch alle Zugbewegungen fahrdynamisch berechnet und unter Berücksichtigung der infrastrukturellen Zwangspunkte dergestalt festgelegt, dass notwendige Pufferzeiten eingehalten werden, sämtliche Fahrstraßenkonflikte eleminiert sind und die notwendige Betriebsstabilität erreicht wird.
Infrastrukturkonzept
Gemäß den Vorgaben der Fachliteratur, die die Abhängigkeit zwischen Zugangebot, Infrastruktur und Fahrzeugen aufzeigt und dem ökonomischen Gebot nach maximaler Mittelrationalität und maximaler Zielrationalität wurde die zur Erreichung des Ziels notwendige Infrastruktur bestimmt, um mit minimalem Aufwand das gegebene Ziel erreichen zu können. sowie juristische Einschätzungen zur Durchsetzbarkeit dieses Konzepts runden dieses Gutachten ab.
Die zweite Betriebsstufe 2030 unterscheidet sich von der ersten Betriebsstufe 2025 im Wesentlichen dadurch, dass der 10-Minuten-Takt auf den Außenstrecken Pasing – Grafrath, Laim – Neufahrn sowie Berg am Laim – Markt Schwaben und Ostbahnhof – Ismaning – Flughafen noch nicht realisiert werden kann, weil die zum Fahren des 10-Minuten-Taktes erforderlichen Infrastrukturmaßnahmen zur Trennung des S-Bahnverkehrs vom übrigen Schienenverkehr auf diesen vier Außenästen besonders aufwändig sind und erst nach 2025 realisiert werden können.
Forderungen an die Staatsregierung
- Unverzügliche Einstellung sämtlicher Maßnahmen bezüglich des Projekts zweiter S-Bahn-Tieftunnel
- Einführung des 20-Minuten-Taktes bis zu sämtlichen S-Bahn-Endpunkten bis 2025
- Integration des Südrings als Zweite Stammstrecke in das S-Bahn-System bis 2025
- Einführung des 10-Minuten-Taktes auf allen stadtnahen S-Bahn-Außenästen bis 2030